In einem Zitat von Matthias Claudius (Dichter und Journalist, 1740-1815) heißt es:
"Die größte Ehre, die man einem Menschen geben kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat."
Lange wusste ich nicht, wie ich das Bild "Löwe & Lamm" nennen könnte. Beim Betrachten gingen mir Worte durch den Kopf wie Freundschaft, Nähe und Gemeinschaft.
Dabei fiel mir auf, dass Freundschaft auch immer mit Vertrauen zu tun hat. Und dass Freundschaft auch gleichzeitig ein Wagnis ist, weil wir nie wissen können, wie sie sich weiter entwickeln wird.
Freundschaft ist nicht etwas starres, Kontrollierbares, sondern Freundschaft ist lebendig und wandelbar.
Das Wagnis des Vertrauens
Zuerst möchte ich einige Gedanken über das Wort "Vertrauen" mit Dir teilen
Im Lexikon wird das Wort "Vertrauen" so beschrieben:
"Vertrauen ist die persönliche Überzeugung (oder auch der Glaube) von der Richtigkeit und Wahrheit von Handlungen, Einsichten und Aussagen eines anderen oder von sich selbst."
Das ähnliche Wort "Zutrauen" beinhaltet, dass ich davon überzeugt bin, dass ich die Möglichkeit und die Fähigkeit habe, zu handeln. Ich traue mir etwas zu.
Das Gegenteil von Vertrauen ist Misstrauen.
"Kann man denn überhaupt noch jemandem trauen?" Sicher ist jedem von uns schon einmal dieser Gedanke durch den Kopf gegangen. Besonders dann, wenn wir von einem anderen Menschen enttäuscht oder verletzt wurden, kann es schnnell passieren, dass sich solch eine Festlegung einschleicht. Durch diesen Gedanken kann Misstrauen weiter wachsen und die innere Haltung diesem Menschen gegenüber verändert sich - und das vermutlich nicht gerade zum positiven...
Dieses Misstrauen wird dann zu einer Art "Schutzschild", das vor weiteren schlechten Erfahrungen und Enttäuschungen schützen soll. Ganz nach dem Motto: "Wenn ich nichts mehr erwarte oder gar mit dem Schlimmsten rechne, dann kann ich nicht mehr enttäuscht werden."
Doch durch diese Einstellung verhindere ich dann leider, mit anderen Menschen positive und befriedigende Erfahrungen zu machen.
Vertrauen-können ist eine wichtige Basis für Beziehungen
Was heißt denn nun "Vertrauen"? Es gibt drei Arten von Vertrauen, die miteinander zusammenhängen:
- Vertrauen zu sich selbst und in seine eigenen Fähgikeiten
- Vertrauen zu anderen Menschen
- Vertrauen zu Gott = glauben heißt auch vertrauen
1. Vertrauen zu sich selbst und in seine eigenen Fähigkeiten
Wenn wir uns selbst vertrauen, dann glauben wir an unsere Fähigkeit, mit Problemen, die auf uns zukommen, umgehen zu können. Dafür gibt es das Wort "Selbstvertrauen" - ich vertraue mir selbst.
Vertrauen in mich, dass ich mein Leben meistern kann und ich dazu alles Notwendige im Paket habe. Einfach dadurch, dass ich bin wie ich bin - durch meinen Charakter, durch mein "Geworden-sein".
Schauen wir einmal im Bild:
Welche Stärken und Eigenschaften hat der Löwe im Paket?
- Standhaftigkeit
- eine klare Linie fahren
- sagen, was er denkt = brüllen
- beschützen
- anführen
- Zielstrebigkeit
- ...was fällt Dir noch ein?
Schauen wir noch einmal im Bild:
Welche Stärken und Eigenschaften hat das Lamm im Paket?
- sich führen lassen
- Sanftmut
- sich in eine Gruppe integrieren können
- sich beschützen lassen
- Einfühlungsvermögen
- die Stimme des Hirten hören und erkennen können
- ...was fällt Dir noch ein?
Nun bist Du gefragt: Welche Stärken und Eigenschaften hast Du im Paket?
Notiere Dir gerne Deine Gedanken dazu!
Kann ich mir selbst vertrauen?
Das ist die Frage... Weiß ich, wer ich bin, was ich sein kann?" Diese Frage lässt sich gut am "Selbstbild" beantworten.
Dabei hilft Dir die Frage: "Wie sehe ich mich selbst? Wie würde ich mich selbst beschreiben?"
Schauen wir zuerst einmal im Bild:
Wie sieht das Selbstbild des Löwen aus? Wie sieht er sich selbst?
- Ich weiß, worauf es ankommt
- Ich bin der Anführer meines Rudels
- Ich habe ein Rudel, ein Team
- Ich bin ein Beschützer
- ...was fällt Dir noch ein?
Schauen wir noch einmal im Bild:
Wie sieht das Selbstbild des Lammes aus? Wie sieht es sich selbst?
- Ich bin einfühlsam und sanftmütig
- Ich bin gehorsam
- Ich bin Teil einer Herde, einer Gemeinschaft
- Ich bin integriert und habe einen festen Platz in der Gruppe
- Ich bin ein Schaf meines Hirten
- ...was fällt Dir noch ein?
Nun bist Du gefragt: Wie sieht Dein Selbstbild aus? Wie würdest Du Dich selbst beschreiben?
Notiere Dir gerne Deine Gedanken dazu!
2. Vertrauen zu anderen Menschen
Je nachdem, welches Selbstbild ich habe, so werde ich über andere Menschen denken oder auf sie zugehen. Wenn ich von mir Gutes denken kann, werde ich auch eher bei anderen Gutes erwarten und vertrauensvoll auf sie zugehen. Oder was meinst Du?
Wenn ich von mir eher negativ und abwertend denke, werde ich vermutlich andere höher oder besser ansehen als mich selbst und mich mit ihnen vergleichen. Oder ich werte sie ab, damit ich besser dastehe...?
Zum Beispiel:
Wenn ich mich als "Versager" sehe, was werde ich von anderen denken? Vielleicht, dass sie es eh´ besser können als ich?
Wenn ich mich jedoch als "Begabte" sehen kann, was werde ich dann über andere denken? Vielleicht kann ich dann glauben, dass andere auch begabt sind?
Zum Bild, das ich über andere habe, gehört also meistens auch das Bild, das ich in dem Moment von mir selbst habe.
Schauen wir wieder im Bild - ein Beispiel:
Wenn der Löwe sich selbst als jemanden sieht, der "Beute machen muss, um zu überleben", wie sieht er dann das Lamm?
Vermutlich als "Beute", als minderwertig, als unterlegen - da ist wohl kaum mit Vertrauen zu rechnen - zumindest nicht für das Lamm...
Schauen wir noch einmal im Bild - ein Beispiel:
Wenn das Lamm sich als jemand sieht, "der keine Chance hat, weil es so klein und schwach ist", wie kommt ihm dann der Löwe vor?
Vermutlich als "übermächtig, böse und gewalttätig" oder als "Jäger"...!?
Wenn jedoch das Selbstbild der beiden positiv aussehen würde, wie könnte sich dadurch ihre Beziehung zueinander verändern? Was wäre möglich?
Schauen wir wieder im Bild:
Wenn also der Löwe sich zum Beispiel als "Beschützer" sieht, wie könnte er dann das Lamm wahrnehmen?
Als Freund, als wertvoll, als Teil der Gemeinschaft, schutzbedürftig...!?
Schauen wir noch einmal im Bild:
...und wenn das Lamm sich zum Beispiel als "wertvollen Freund" sehen könnte, wie kommt ihm dann der Löwe vor?
Als Kamerad, König und Beschützer, als väterlicher Freund...!?
Nun bist Du gefragt: Wie siehst Du also andere, wenn dein Selbstbild negativ eingefärbt ist? Und wie könntest Du andere sehen, wenn Dein Selbstbild positiv ist?
Was macht den Unterschied? Wie würde sich die Veränderung Deines Selbstbildes auf Deine Beziehungen auswirken?
Ist diese Vorstellung zu utopisch oder wäre es einen Versuch wert?
Notiere Dir gerne Deine Gedanken dazu!
Wie entsteht mein Selbstbild und das Bild, das ich mir über andere mache?
Jeder Mensch hat sich in seinem Leben eine bestimmte Grundeinstellung gegenüber sich selbst und gegenüber anderen Menschen zugelegt. Diese Grundeinstellung entwickeln wir aufgrund von Erfahrungen in der Kindheit, aus denen wir dann unbewusst Schlüsse ziehen.
Kinder haben zuerst einmal Vertrauen in ihre Umwelt und zu ihren Bezugspersonen - das nennt man Urvertrauen. Das Vertrauen bleibt so lange bestehen, bis das Kind erlebt, dass es auch enttäuscht oder verletzt werden kann.
Solche Situationen können zum Beispiel folgende sein:
- wenn niemand da ist, wenn es Hilfe braucht
- wenn Eltern etwas ankündigen und dann nicht einhalten
- wenn zu hohe Anforderungen an das Kind gestellt werden, die nicht altersgemäß sind. Dadurch erlebt das Kind immer wieder, dass es die Anforderung nicht bewältigen kann und wird entmutigt.
- wenn das Kind häufig kritisiert oder beschimpft wird
- wenn es überbehütet und verwöhnt wird und dadurch keine eigenen Erfahrungen machen kann. Das bedeutet für das Kind auch oft Entmutigung - es traut sich weniger zu.
In solchen Situationen ist es oft schwer für ein Kind, Vertrauen zu entwickeln und aufzubauen.
Vertrauensvoll leben - wie geht das?
Es gibt viele Belege dafür, dass demjenigen, der anderen vertraut, auch Vertrauen entgegengebracht wird.
Oder auch umgekehrt: Wer anderen misstraut, wird auch häufiger enttäuscht oder sieht sich darin bestätigt, dass sein Misstrauen berechtigt war.
Unsere Erwartungen beeinflussen also unser Verhalten, auch wenn es uns nicht unbedingt bewusst sein mag. Andere reagieren darauf meist dementsprechend. Es erfüllt sich also, was wir erwarten?
Wenn ich zum Beispiel davon überzeugt bin, etwas nicht zu erreichen, dann wird es vermutlich auch unerreichbar bleiben, denn ich werde es aufgrund meiner Einstellung erst gar nicht versuchen, oder?
Glaube ich hingegen daran, dass alles oder immerhin vieles möglich ist, dann werde ich auch Ideen entwickeln, mein Ziel zu erreichen. Das ist Selbstvertrauen - ich vertraue mir selbst, dass ich mein Ziel erreichen werde.
Ein kleines Beispiel:
Nur durch das Vertrauen, dass ich morgens wieder aufwachen werde, kann ich abends beruhigt einschlafen. Hätte ich kein Vertrauen, wieder aufzuwachen, würde ich meine Nächte wohl sorgenvoll und unruhig verbringen und hätte ständig Angst, doch einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen. Ich wäre ein reines Nervenbündel...
So ist es auch, wenn wir anderen misstrauen. Wir müssen ständig auf der Hut sein, ausgenutzt oder benachteiligt zu werden und verspüren den Drang, kontrollieren zu müssen.
Um vertrauensvoll leben zu können, braucht es Mut, sich auf Menschen und Situationen einzulassen, die wir nicht kontrollieren können. Das ist ein Wagnis, denn das Risiko enttäuscht zu werden, bleibt bestehen.
Welch ein Wagnis für ein Lamm, sich einem Löwen zu nähern
Das Wort "Wagnis" leitet sich vom althochdeutschen Wort "wagan" ab und hat folgende Bedeutung: sich trauen; den Mut haben, etwas zu tun. Das steckt auch im Wort "Ver-trauen"!
Der Antrieb, etwas zu wagen und sich zu trauen, ist die Chance, etwas zu gewinnen - einen sogenannten "Wagnis-Gewinn" zu erzielen. Kennst Du die Redewendung: "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt"?
Was ist also der Gewinn für unsere ungleichen Freunde?
Schauen wir wieder im Bild:
Welchen Gewinn hat wohl der Löwe, wenn er eine Freundschaft mit einem Lamm eingeht?
- geliebt werden; Liebe erfahren
- Sanftmut lernen
- außergewöhnloche Freundschaft knüpfen und Vertrauen aufbauen
- sich auf Neues einlassen
- auf Augenhöhe gehen
- ...was fällt Dir noch ein?
Schauen wir auch hier noch einmal im Bild:
Welchen Gewinn hat wohl das Lamm, wenn es eine Freundschaft mit einem Löwen eingeht?
- Schutz und Zuflucht finden
- Geborgenheit erleben
- verteidigt werden
- außergewöhnliche Freundschaft erleben
- ...was fällt Dir noch ein?
Nun bist Du gefragt! Welchen Gewinn gibt es für Dich, wenn Du das Wagnis des Vertrauens eingehst?
Notiere Dir gerne Deine Gedanken dazu!
Das Wort "Wagnis" beinhaltet aber auch Risiko, Gefahr und Abenteuer
Ein Beispiel: Ein Sprung in´s Schwimmbecken kann für ein Kind ein hohes Wagnis sein, da es viel Mut und Selbstvertrauen aufbringen muss, wenn es noch nicht schwimmen kann. Gleichzeitig stellt es ein geringeres Riskio dar, wenn das Kind darauf vertraut, dass es von seinem Papa aufgefangen wird!
Also ein Wagnis einzugehen, ist etwas anderes als waghalsig zu sein und zu glauben, dass es kein Risiko gibt. Ich mache mir vielmehr bewusst, wie hoch das Risiko sein könnte und wäge es für mich ab. Ich muss mich nicht überfordern und tollkühn die waghalsigsten Sprünge machen, sondern ich kann im "Kleinen" anfangen, Vertrauen wagen und in Papa´s Arme springen!
Wie Marcus Tillius Cicero (römischer Politiker, Anwalt, Schriftsteller und Philosoph, 106 v.Chr. - 43 v.Chr.) sagt: